Informationsbrief im März 2020

1. Werbung auf privatem PKW von Arbeitnehmern – Netto-Lohn-Optimierung?

Das Modell Der Arbeitgeber mietet eine Fläche auf dem privaten PKW des Arbeitnehmers, die er mit Firmenwerbung versieht. Beträgt die Miete weniger als 256 € ist sie beim Arbeitnehmer nicht einkommensteuerpflichtig. Der Arbeitnehmer erhält somit bis zu 255,99 € jährlich steuer- und sozialversicherungsfrei.

Das Modell funktioniert aber nur, wenn die Vereinbarung fremdüblich ist und kein Zusammenhang zwischen dem Mietvertag und dem Arbeitsvertrag besteht. Wenn der Mietvertrag einmal beendet wird, darf sich also beispielsweise nicht der geschuldete Arbeitslohn automatisch entsprechend erhöhen.

Aktuelles Urteil Genau mit dieser Einschränkung hat sich jüngst das Finanzgericht Münster befasst. Es hatte bei einem Fall der Frage nachzugehen, ob nicht doch ein Zusammenhang zwischen dem Arbeits- und dem Mietvertrag bestand.

Im konkreten Sachverhalt verpflichtete sich ein Teil der Mitarbeiter, auf ihrem privaten PKW Aufkleber auf dem Kofferraumdeckel anzubringen. Der andere Teil der Mitarbeiter verpflichtete sich zur Anbringung von Kennzeichenhaltern mit dem Werbeaufdruck. In beiden Vertragsvarianten erhielten die Mitarbeiter ein Entgelt i. H. v. 255 € im Jahr. Außerdem war eine Befristung des Vertrages auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses geregelt

Das Gericht sah aufgrund folgender Kriterien aber einen Zusammenhang zwischen Miet- und Arbeitsvertrag: Keine Vereinbarung einer mindestens zu erbringenden jährlichen oder monatlichen Fahrleistung Keine Vereinbarung eines zeitlichen Umfangs der Nutzung des PKW Keine Vereinbarung, ob und wo der PKW im öffentlichen Parkraum sichtbar abgestellt werden muss Keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Pkw in einem bestimmten Zustand zu halten Keine Vereinbarung, ob auch andere Firmenwerbung am PKW angebracht werden darf Erkennbare Orientierung der Vergütung an der gesetzlichen 256 €-Grenze und nicht am Marktwert Ende auch des Mietvertrags, wenn das Arbeitsverhältnis endet.

Nach Ansicht der Richter unterliegen die gezahlten 255 € je Arbeitnehmer also der Lohnsteuer und Sozialversicherung. Der Arbeitgeber durfte dafür von der Finanzverwaltung in Haftung genommen werden.

Fazit:
Das Urteil des FG Münster zeigt einmal mehr, dass das beschriebene Modell zur Netto-Lohn-Optimierung zwar funktionieren kann. Häufig stößt es in der Praxis aber auf Umsetzungsprobleme  

2. Sachbezug: Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

Zusätzlichkeitserfordernis
Viele Sachbezüge für Arbeitnehmer sind nach dem Gesetzeswortlaut nur dann steuerfrei, wenn sie „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gewährt werden. Betroffen sind z.B. E-Bike, Job-Ticket, Gesundheitsleistungen oder (seit 01.01.2020) auch Gutscheine.

Die Finanzverwaltung interpretiert den Gesetzestext seit je her so, dass die Lohnbestandteile „on top“ gewährt werden müssten. Eine Gehaltsumwandlung sei für die Steuerbefreiung schädlich.

Neue BFH-Rechtsprechung
Dieser Auffassung ist der BFH kürzlich in gleich drei Entscheidungen entgegengetreten. Er urteilte, dass „zusätzlicher Arbeitslohn“ schon immer dann vorliege, wenn dieser (wie immer bei Sachlohn) verwendungs- bzw. zweckgebunden geleistet wird. Der BFH akzeptierte daher für die Steuerbefreiung bestimmte Fälle der Gehaltsumwandlung.

Reaktion von Finanzverwaltung und Gesetzgeber
Die Finanzverwaltung hat auf diese BFH-Urteile mit einem sog. „Nichtanwendungserlass“ reagiert und wendet sie über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht an. Ursprünglich wollte auch der Gesetzgeber schnell reagieren. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Grundrentengesetz sollte das Gesetz die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung festschreiben. Von dem Vorhaben wurde jedoch wieder Abstand genommen. Die weitere Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.

3. 44 €-Gutscheine – noch keine Reaktion der Finanzverwaltung!

Bereits im letzten Mandanteninformationsbrief vom 15.12.2019 (vgl. dort Punkt 2) haben wir auf die zum 01.01.2020 verschärfte Rechtslage bei den 44 €-Gutscheinen für Arbeitnehmer hingewiesen. Seitdem sind insbesondere Fälle der nachträglichen Kostenerstattung nicht mehr steuerfrei möglich (z.B. Arbeitnehmer legt Tankquittung beim Arbeitgeber vor und erhält Betrag erstattet).

Daneben sind durch die Gesetzesänderung aber auch Streitfälle entstanden, die bisher nicht eindeutig beantworten werden können. Hierzu zählen z.B. die Varianten „Amazon-Gutschein“, „Supermarkt-Gutschein“ oder „aufladbare Gutscheinkarten professioneller Anbieter“.

Wegen der großen praktischen Relevanz dieser Fälle, will die Finanzverwaltung hier zeitnah Klarheit schaffen und ihre Sicht der Dinge in einer internen Verwaltungsanweisung darlegen. Daran könnte sich die steuerliche Praxis dann orientieren.

Bedauerlicherweise ist bis dato noch keine offizielle Reaktion der Finanzverwaltung erfolgt. Die o.g. Fragen müssen also bis auf weiteres offen bleiben.

Sobald die erwartete Verwaltungsanweisung erschienen ist, werden wir sie hierüber zeitnah informieren.

4. Energetische Sanierungsmaßnahmen am selbstgenutzten Wohngebäude

Das „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ wurde Ende letzten Jahres von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Es soll durch gezielte steuerliche Maßnahmen dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht, zu denen es sich über die EU-Klimaschutzverordnung verpflichtet hat.

Das Gesetz sieht ein ganzes Bündel an steuerlichen Vergünstigungen vor, aus denen die Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutzten Wohngebäuden besonders heraussticht. Diese wird im Folgenden näher beleuchtet:

Wer kann die Förderung in Anspruch nehmen?
Die Förderung kann in Anspruch nehmen, wer Eigentümer eines selbstgenutzten Wohngebäudes ist und daran energetische Sanierungsmaßnahmen durchführen lässt. Voraussetzung ist aber, dass das Gebäude zum Zeitpunkt der Durchführung der Sanierungsmaßnahme älter als zehn Jahre ist.

Wichtig ist auch, dass das Gebäude im Kalenderjahr der Sanierung und den folgenden zwei Kalenderjahren ausschließlich eigenen Wohnzwecken dient. Eine teilweise Vermietung oder Nutzung für eigene betriebliche Zwecke ist schädlich. Ein häusliches Arbeitszimmer soll aber noch unschädlich sein.

Welche Maßnahmen werden gefördert?
Welche Maßnahmen gefördert werden, ist im Gesetz klar wie folgt vorgegeben:

  • Wärmedämmung von Wänden
  • Wärmedämmung von Dachflächen
  • Wärmedämmung von Geschossdecken
  • Erneuerung der Fenster oder Außentüren
  • Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage, Erneuerung der Heizungsanlage
  • Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung und Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind

Ob die Maßnahmen einzeln oder im Bündel vorgenommen werden, ist unerheblich.

Die Steuerermäßigungen können aber nur in Anspruch genommen werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Sanierungsmaßnahme gewisse energetische Mindestanforderungen erfüllen. Hierüber stellt das ausführende Fachunternehmen eine entsprechende Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt aus.

Wie hoch ist die Förderung?
Die Förderung besteht darin, dass sich die Einkommensteuer (ähnlich wie bei haushaltnahen Dienstleistungen) um insgesamt 20 % der förderfähigen Aufwendungen mindert (max. 40.000 €). Die Steuerermäßigung verteilt sich aber auf mehrere Jahre wie folgt:

  • 7 % im Kalenderjahr des Abschlusses der Maßnahme (max. 14.000 €)
  • 7 % im nächsten Kalenderjahr (max. 14.000 €)
  • 6 % im übernächsten Kalenderjahr (max. 12.000 €).
  • Maximal können Sanierungsmaßnahmen im Umfang von 200.000 € gefördert werden

Ab wann wird gefördert?
Das Gesetzt ist seit dem 01.01.2020 in Kraft. Die Steuervergünstigung ist erstmals auf Baumaßnahmen anwendbar, die in 2020 begonnen wurden. Erforderlich ist, dass im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Die Fördermaßnahme ist zeitlich befristet. Letztmals gefördert werden in 2030 abgeschlossene Baumaßnahmen.

Keine Kombination mit anderen Fördermaßnahmen
Achtung! Die Steuerermäßigung für energetische Sanierungsmaßnahmen wird nur gewährt, wenn kein sonstiges Förderprogramm in Anspruch genommen wird. Werden für die Maßnahme also von anderer öffentlicher Seite zinsverbilligte Darlehen (z.B. KfW) oder steuerfreie Zuschüsse gewährt, so scheidet die dargestellte neue steuerliche Förderung aus.

5. Klimaschutzprogramm 2030: Erhöhung Pendlerpauschale und weitere Änderungen

Als weitere Maßnahmen im Rahmend des „Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ wurden folgende Maßnahmen beschlossen:

Erhöhung der Pendlerpauschale ab 2021
Ab 2021 wird die Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um 0,05 € auf dann 0,35 € je Entfernungskilometer angehoben. Ab 2024 wird die Entfernungspauschale um weitere 0,03 € auf dann 0,38 € erhöht.

Hintergrund ist, dass durch die vorgesehen stärkere CO2-Bepreisung in Zukunft die Kosten für Benzin und Diesel star steigen werden. Durch die Erhöhung der Pendlerpauschale sollen die Mehrbelastungen für „Fernpendler“ abgemildert werden. Die Erhöhung der Entfernungspauschale ist zeitlich begrenzt. Sie gilt bis 31.12.2026. Es gelten also in den nächsten Jahren ab dem 21. Entfernungskilometer folgende Werte:

  • 2020: 0,30 €
  • 2021-2023: 0,35 €
  • 2024-2026: 0,38 €
  • ab 2027: 0,30 €
  • Für die ersten 20 Entfernungskilometer bleibt die Pendlerpauschale unverändert

Mobilitätsprämie
Geringverdiener, die mit ihrem zu versteuernden Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags (für 2020: 9.408 €) liegen, profitieren von der oben dargestellten Anhebung der Entfernungspauschale nicht, da auf ihr Einkommen ohnehin keine Einkommensteuer anfällt. Um auch diese Personengruppe von den erwarteten Mehrbelastungen durch die CO2-Bepreisung zu entlasten wurde die sog. „Mobilitätsprämie“ eingeführt. Sie wird nur auf Antrag gewährt und führt über eine komplexe Berechnungsmethode zu geringfügigen Entlastungen. Die Rechenexempel aus der Gesetzesbegründung führen z.B. zu einer Entlastung von 147 € bzw. 57 €.

Umsatzsteuer auf Bahnreisen gesenkt!
Als weitere steuerliche Maßnahme im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 wurde die Umsatzsteuer bei Bahnreisen generell auf 7 % gesenkt. Für Fernreisen galt bisher der reguläre Steuersatz i.H.v. 19 %. Ziel ist es, Bahnfahren attraktiver zu machen.

6. Weitere Änderungen im Jahr 2020

Höherer Grundfreibetrag
Für Alleinstehende steigt der Grundfreibetrag von 9.168 € auf 9.408 €. Eine Steuerbelastung tritt somit erst ein, wenn ein Alleinstehender über ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 9.408 € verfügt. Bei Eheleuten verdoppelt sich der Betrag auf 18.816 €. Daneben wird auch die inflationsbedingte kalte Progression für alle Steuerzahler ausgeglichen.

Kinderfreibeträge wurden erhöht
Die Freibeträge für Kinder werden für das Jahr 2020 von derzeit 7.620 € auf 7.812 € angehoben. Der Höchstbetrag für die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an andere unterhaltsberechtigte Personen erhöht sich auf 9.408 €.

Wechsel der Lohnsteuerklasse
Ehegatten/Lebenspartner dürfen ab dem kommenden Jahr mehr als einmal im Kalenderjahr ihre Lohnsteuerklasse wechseln. Unabhängig vom Vorliegen besonderer Gründe kann damit unterjährig die Steuerlast im Rahmen der gesetzlichen Regelungen optimiert werden.

7. Investitionsabzugsbetrag für PKW – Vorsicht!

Für kleine und mittlere Betriebe stellt der sog. „Investitionsabzugsbetrag“ ein bewährtes Mittel der Steuergestaltung dar. Er ermöglicht, dass Anschaffungskosten früher steuerlich geltend gemacht werden können. Der Investitionsabzugsbetrag kann aber nur für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, die ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden.

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn der Investitionsabzugsbetrag im Zusammenhang mit einem betrieblichen PKW geltend gemacht wird. Bei einem PKW spricht nämlich nach ständiger Rechtsprechung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug nicht nur betrieblich, sondern auch privat genutzt wird.

Deshalb muss in diesen Fällen die ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung konkret nachgewiesen werden. Dies ist unstrittig durch ein Fahrtenbuch möglich. Ergibt das Fahrtenbuch, dass die private Nutzung nicht mehr als 10 % beträgt, gewährt die Finanzverwaltung die steuerliche Förderung in Form des Investitionsabzugsbetrags.

Strittig ist, ob der Nachweis der ausreichenden betrieblichen Nutzung nicht auch durch andere Mittel als durch ein Fahrtenbuch erbracht werden kann. Im Rahmen der Besteuerung der privaten PKW-Nutzung – wo es nicht um den Investitionsabzugsbetrag geht – gib es beispielsweise eine Vereinfachungsregel. Hier gilt bei Einzelunternehmen der Beweis des ersten Anscheins als entkräftet, wenn ein vergleichbarer PKW im Privatvermögen vorhanden ist. Das Finanzamt geht dann – vorbehaltlich besserer Erkenntnisse – davon aus, dass das Fahrzeug betriebliche ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Diese Vereinfachungsregel soll allerdings beim Investitionsabzugsbetrag nicht greifen. Die entschied jüngst das FG Münster. Demnach müsste hier zwingend ein Fahrtenbuch geführt werden.

Das Verfahren ist mittlerweile beim Bundesfinanzhof anhängig. Er wird klären auf welche Weise für Zwecke des Investitionsabzugsbetrags der geforderte Nachweis der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines PKW erbracht werden kann.

8. Weitere Informationen

Die vorstehenden Ausführungen und Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden. Es handelt sich nicht um abschließende Informationen und ersetzt keine Beratung. Eine Haftung für den Inhalt dieses Informationsbriefs kann daher nicht übernommen werden.

Gerne beraten wir Sie zu diesen und anderen Themen. Bitte vereinbaren Sie bei Interesse einen Besprechungstermin. Wir analysieren individuell Ihre persönliche Situation, zeigen Ihnen Vor- und Nachteile auf und geben Ihnen Gestaltungsempfehlungen.

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